Dies vorneweg: Ich war das ganze Leben Teilzeit angestellt und Vollzeit engagiert.
Lassen Sie mich einleitend das Problem auf den Punkt bringen: Bestehende Ungleichheiten führen dazu, dass Menschen nicht so viel arbeiten können, wie sie wollen, und nicht das arbeiten, was sie am besten können. Es gelingt uns also nicht, Rahmenbedingungen zu schaffen, um Arbeitsressourcen optimal einzusetzen. Der Arbeitsmarkt braucht aber Arbeitskräfte, welche die Bedürfnisse der Wirtschaft qualitativ und quantitativ möglichst optimal abdecken.
Wie präsentiert sich nun die Situation in der Schweiz? Väter beziehungsweise Männer übernehmen vorwiegend die Erwerbsarbeit und die entsprechende Verantwortung, Mütter beziehungsweise Frauen die Haus- und Familienarbeit mit den entsprechenden Verantwortungen. Dies führt zu einer suboptimalen Ressourcenallokation. Oder positiv ausgedrückt: In der Chancengleichheit von Frau und Mann liegt ein grosses Potenzial, um das wirtschaftliche Wachstum zu fördern und dem Fachkräftemangel zu begegnen.
Denken wir doch mal an unsere Bildungsinvestitionen. Unsere Bildung ist top, aber wir bringen längst nicht alle PS auf den Boden. Ein Beispiel: Es werden nur 41 Prozent aller Universitätsabschlüsse von Männern gemacht. Trotzdem sind Frauen in den einkommensstarken Berufen nach wie vor untervertreten. Wenn wir davon ausgehen, dass die Natur Talente und Potenziale zwischen Männern und Frauen gleich verteilt hat, ist jede Ungleichverteilung der Geschlechter im Arbeitsmarkt eine Verschleuderung von Talenten und Bildungsinvestitionen.
Kommen wir zur betriebswirtschaftlichen Sichtweise. Wie etliche Studien belegen, bringen Gender Equality und Diversity dem betriebswirtschaftlichen Ergebnis messbaren Mehrwert. Gemischte Teams sind produktiver und kreativer. Familienfreundliche Arbeitsbedingungen erhöhen die Produktivität und das Commitment der Arbeitnehmenden. Dabei reduzieren sie Fluktuation, Fehler und Krankheitsabsenzen.
Das Angebot von Teilzeitarbeit für Männer ist dazu ein wichtiger Hebel. Wenn wir mehr Erwerbsarbeit von Frauen fordern, müssen wir aber auch überlegen, wer an ihrer Stelle die Familienarbeit macht. Gerade aber ihre Männer, die Väter kleiner Kinder, haben heute schon ein grosses Vereinbarkeitsproblem. Wir können doch nicht blind erwarten, dass sie auf die 73 Stunden, die sie heute im Durchschnitt schon arbeiten, nochmals 20, 30 oder 40 Prozent oben draufpacken. Dabei geht es auch darum, das Beschäftigungsrisiko Elternschaft fair zu verteilen. Denn die Schere zwischen Mann und Frau öffnet sich genau zum Zeitpunkt der Familiengründung. Erst wenn Frauen das Vertrauen haben, dass Männer die familiäre Verantwortung wirklich zu teilen bereit sind, erst dann schnappt die Traditionsfalle bei der Familiengründung nicht mehr zu. Die Freiheit, das Familienmodell so zu wählen, wie es der Familie entspricht, würde grösser.
All dies weiss der Bund, und er hat auch Massnahmen ergriffen. Leider greifen sie nicht. Gerade mal 7 Prozent aller Bundesverwaltungsangestellten sind Männer, die Teilzeit arbeiten. Dieser Wert liegt klar unter dem schweizerischen Durchschnitt. Auch die in der Antwort beschriebene Zunahme von 15 Prozent ist keine Eigenleistung der Verwaltung. Sie bildet nur den generellen schweizweiten Trend ab. Damit der Bund endlich eine Vorreiterrolle beim wichtigen Chancengleichheitshebel Teilzeitarbeit übernimmt, müssen wir ihm ein konkretes Ziel setzen. 20 Prozent Teilzeitstellen für Männer bis 2020 ist ein sinnvolles Ziel. Damit würden Freiheit und Leistungsfähigkeit von Männern, Frauen, Gesellschaft und Wirtschaft zunehmen.